Problemstellung
Theologisch bezeichnen wir die Welt als Schöpfung, weil und insofern sie ihre Ursache in Gott hat. Gott ist von ihr sowohl verschieden als auch in ihr gegenwärtig, der von Gott herkünftigen Schöpfung eignet eine tiefe Würde, und sie bleibt auf Gott bezogen. Naturwissenschaftliche Welterforschung fragt nach dem Entstehen und den Funktionsweisen aller Phänomene der Natur ohne andere Voraussetzungen als die für die eigene (empirische) Methodik notwendigen. Das Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft und die Vereinbarkeit der jeweiligen Weltsichten sind Gegenstand kontroverser Debatten. Die naturwissenschaftlichen Weltsichten und Forschungsergebnisse prägen unsere Weltsicht und beeinflussen die Grundlagen, auf deren Basis sich religiöse Vorstellungen entwickeln können – und das meist umso stärker, je mehr ein Mensch sich mit naturwissenschaftlicher Welterforschung auseinandersetzt. Die Debatte über die Vereinbarkeit von Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube hält an. Sie berührt nicht nur die Frage nach dem „Anfang” der uns bekannten Welt, sondern greift tief in die Grundlagen christlichen Glaubens ein.
Schöpfungstheologie ist zum zweiten der theologische Ausgangsort einer Schöpfungsethik, welche geographische und intergenerationelle Gerechtigkeit sowie den Lebenswert und das Lebensrechts nichtmenschlicher Lebensformen vor Augen hat. De starke anthropogene Übernutzung der natürlichen Ressourcen dieses Planeten und die tiefgreifenden Eingriffe in große Systeme wie das Klima lassen diese Themen drängend werden. In den letzten Jahren sind die christlichen Kirchen mit Stellungnahmen hervorgetreten, deren Ziel es ist, die ökologischen Lebensgrundlagen der Menschen für die künftigen Generationen bewahren und weltweite Gerechtigkeit zu verbessern. Zudem ist bei etlichen Theologen eine Abkehr von einer anthropozentrischen Schöpfungstheologie und –ethik erkennbar. Die nichtmenschliche Schöpfung wird vermehrt in ihrem Eigenwert betrachtet und nicht (ausschließlich) in ihrem funktionellen Nutzen für die Menschheit.
Auch die Schule als zukünftiger Wirkungsort angehender Religionslehrer/innen ist vom Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie betroffen. Ist der Gottesglaube ein neuronales Erregungsmuster im menschlichen Gehirn? Trägt Religion zum Überleben der eigenen Nachkommen bei? Was ist Intelligent Design und wie gehe ich als Religionslehrer/in mit unterschiedlichen Äußerungen zum Themenkomplex „Schöpfung und Evolution” um? Haben Menschen einen freien Willen? Lässt das wissenschaftliche Weltbild Raum für Gott? Wie kann ein Lehrer glaubwürdig eine Naturwissenschaft und Religion unterrichten?
Zielsetzung
Die Studierenden können die Grundlagen, wesentlichen Themen und Implikationen schöpfungstheologischen Denkens darstellen und Dialogansätze sowie Konfliktpotenziale zu naturwissenschaftlichen Weltsichten aufweisen. Sie können gängige Themen und Methoden des Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Theologie darstellen und sich begründet dazu positionieren.
Inhalte
Schöpfungstheologie mit ihren biblischen Grundlagen, wesentlichen Themen und Ansätzen und ihrer gesamttheologischen Bedeutung. Arbeitsweisen naturwissenschaftlicher Welterforschung. Themen und Konflikte des Dialoges, speziell bezogen auf Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft. Schöpfungsethik.
Arbeitsweise
Es kommen verschiedene Methoden zum Einsatz: Referate, Textarbeit, Vorträge, Diskussionen. Von jedem Seminarteilnehmer wird die Bereitschaft, ein Referat zu übernehmen, erwartet.
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