Kommentar |
„Kinder sollen nicht nur dem gegenwärtigen, sondern dem zukünftig möglichen bessern Zustande des menschlichen Geschlechts, das ist: der Idee der Menschheit und deren ganzer Bestimmung angemessen erzogen werden.“ (Immanuel Kant)
In der klassischen deutschen Philosophie kommt dem Begriff der Bildung eine zentrale Bedeutung zu. Das ergibt sich aus der grundlegenden Funktion des Subjektbegriffs für dieses Denken. Menschliche Subjekte sind einerseits Vernunftwesen, andererseits sinnliche Wesen. Als Vernunftwesen sind sie rational selbstbestimmt; die Vernunft genügt sich theoretisch selbst. Aber als Sinnenwesen sind sie angewiesen auf die Erkenntnis, Beherrschung und Bearbeitung der Natur, in der und von der sie leben. Die Natur bleibt aber trotz aller Bearbeitung immer etwas Nichtrationales, Fremdes. Dieses Fremde muss aber prinzipiell überwindbar sein, wenn am Begriff der Selbstbestimmung der Vernunft festgehalten werden soll. Um diese Überwindung überhaupt denken zu können, wird sie als unendliche Annäherung oder als Fortschritt konzipiert. Dieser Fortschritt besteht einerseits in der subjektiven Bildung, der Entfaltung der vernünftigen Erkenntnisfähigkeit der Individuen, andererseits in der objektiven Bildung, d.h. der vernunftgemäßen Formung der Natur, des ‚Hineinbildens‘ rationaler Zwecke in das nicht-rationale natürliche Material. Dies bezieht sich genauso auf die ‚zweite Natur‘ der menschlichen Gesellschaft: Auch politische Vernunft lässt sich nur durch subjektive Bildung objektiv verwirklichen.
Kurz gefasst: Die Menschen müssen in jeder Beziehung erst zu dem werden, was sie sind (oder sein sollen). Die Bildung wird daher als Motor der individuellen Entwicklung und des sozialen und politischen Fortschritts identifiziert. Damit kommt nicht nur dem Begriff der Bildung, sondern auch den Bildungsinstitutionen (Schule, Universität) besondere philosophische Aufmerksamkeit zu.
In dem Seminar werden die Vorlesungen von J.G. Fichte über Wesen und Bestimmung des Gelehrten im Mittelpunkt stehen. Es werden aber auch einschlägige Texte zur Bildung von Kant, Schelling und Hegel besprochen werden.
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