Kommentar |
+++ Die beiden Termine sind keine Wiederholungstermine. Die Veranstaltung hat jede Woche zwei unterschiedliche Teile. +++
‚Metaphysik‘ war zunächst ein Verlegenheitstitel für ein von Schriften des Aristoteles, die keinen eigenen Titel trugen und vom ersten Herausgeber, Andronikos von Rhodos, hinter den Physikvorlesungen eingeordnet wurden: Ta meta ta physika: die [Schriften] hinter den physikalischen [Schriften]. Der bis heute intensiven Rezeption dieser Schriften ist es zu verdanken, dass ‚Metaphysik‘ zum Titel einer gesamten Denktradition wurde, die das vielfältige und ungeordnete Material der Erfahrung durch Begriffe allgemeiner Ursachen zu ordnen und zu erklären versuchte und dabei philosophische Grundbegriffe wie zum Beispiel Sein, Wesen, Akzidenz, Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, Ursache oder Wirkung prägte. Das begründete den metaphorischen Gebrauch des Ausdrucks ‚Metaphysik‘ als Name für ein Denken, das die Wahrheit hinter den Erfahrungsdingen oder über diese hinaus sucht.
Die ‚Metaphysik‘ des Aristoteles gewinnt ihre Begriffe überwiegend aus der Kritik an mangelhaften Vorstellungen philosophischer Vorgänger. Auch später ist es die kritische Beschäftigung mit Aristoteles und anderen Autoren, aus der die philosophische Tradition der Metaphysik erwächst. Insofern das theoretische Denken sich zunächst überhaupt in dieser Tradition der Kritik entwickelt, bleibt auch diejenige Kritik, die schon früh und immer wieder an der Metaphysik selbst geübt wird, in vielen Hinsichten auf sie angewiesen. Durch diesen historisch-systematischen Zusammenhang der Entwicklung des Denkens bleibt Philosophie auch heute immanent auf ihre Anfänge verwiesen, oder mit Richard von St. Viktor: Wir sehen nur deswegen so weit, weil wir auf den Schultern von Riesen stehen.
Die Vorlesung hat zum Ziel, sowohl die grundlegenden metaphysischen Begriffe und Argumentationsformen darzustellen als auch die historische und systematische Entwicklung der metaphysischen Philosophie anhand ausgewählter Modelle zu erklären. Im Zentrum wird dabei Aristoteles stehen, von dem aus seine Voraussetzungen und seine Folgen bis in die Gegenwart zu erörtern sind.
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